Redaktioneller Leitsatz
Die Rechtfertigung einer verlängerten Festsetzungsfrist entfällt nicht, wenn der Steuerpflichtige die unrichtigen Angaben vor Ablauf der normalen Festsetzungsfrist korrigiert.
Tatbestand
1 Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) eröffnete am 1. Oktober 1992 einen landwirtschaftlichen Betrieb im Beitrittsgebiet. Hierzu pachtete sie mit zwei Pachtverträgen vom gleichen Tag zunächst 60, 1201 ha und 1, 2178 ha Land.
2 Die Klägerin gab am 12. Mai 1995 zusammen mit der Einkommensteuererklärung 1993 (Streitjahr) beim Finanzamt B eine Anlage L ab, in der sie in der Zeile 4 "lt. gesonderter Feststellung" ankreuzte und in der Zeile 5 unter "Finanzamt, Steuernummer" die Anschrift des landwirtschaftlichen Betriebs sowie das hierfür zuständige Finanzamt, den Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -), angab. Ein Gewinn war nicht eingetragen. Das Finanzamt B setzte im Einkommensteuerbescheid 1993 vom 19. Juli 1995 keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft an.
3 Ende des Jahres 1995 verlegte die Klägerin ihren Wohnsitz in den Zuständigkeitsbereich des FA. Mit Schreiben vom 11. Dezember 1997 reichte sie beim FA u. a. Gewinnermittlungen nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Wirtschaftsjahre 1992/93 und 1993/94 (abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni) sowie eine berichtigte Anlage L ein, in der sie für ihren landwirtschaftlichen Betrieb für das Streitjahr einen Gewinn in Höhe von 27. 434 DM erklärte und die "Berichtigung" der Veranlagung beantragte. In Zeile 29 unter "Einheitswert/Ersatzwirtschaftswert" trug die Klägerin "bitte amtlich feststellen" ein; den Gewinnermittlungen legte sie den "Ausgangswert" in Höhe von 55. 158 DM zu Grunde.
4 Das FA entsprach dem Berichtigungsantrag mit Änderungsbescheid vom 27. Januar 1998 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO). Außerdem wies es die Klägerin unter Bezug auf einen "Ersatzvergleichswert" von 55. 158 DM mit Schreiben vom 12. Januar 1998 auf den Beginn der Buchführungspflicht ab dem Wirtschaftsjahr 1998/99 hin.
5 Im Rahmen einer Außenprüfung, die mit der Prüfungsanordnung vom 6. Oktober 2000 auch auf die Einkommensteuer 1993 erweitert worden war, ermittelte der Prüfer für den landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin einen Ausgangswert i. S. des § 13a Abs. 4 Satz 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung in Höhe von 53. 400 DM. Weil dieser über der nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im Streitjahr geltenden Grenze von 32. 000 DM lag, versagte der Prüfer die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ab dem Wirtschaftsjahr 1993/94. Er schätzte den Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1993/94 durch Bestandsvergleich auf 71. 400 DM und setzte für das Streitjahr Einkünfte von 48. 194 DM an.
6 Das FA folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO den hier streitigen Änderungsbescheid vom 18. Oktober 2001.
7 Eine Erklärung zur Ermittlung des Ersatzwirtschaftswerts auf den 1. Januar 1993 gab die Klägerin nicht ab. Im Grundsteuermessbescheid vom 14. März 2007 legte das FA einen Ersatzwirtschaftswert auf den 1. Januar 1993 von 27. 302 EUR (53. 400 DM) zu Grunde. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
8 Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt. Nach Auffassung des FG war bei Erlass des Änderungsbescheids die Festsetzungsfrist abgelaufen. Auch wenn die Klägerin im Zusammenhang mit der Abgabe der Steuererklärung 1993 am 12. Mai 1995 eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung begangen haben sollte, habe sie jedenfalls mit Schreiben vom 11. Dezember 1997, mithin vor Ablauf der normalen Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO, ihre unrichtigen Angaben richtiggestellt. Damit sei die Rechtfertigung für die verlängerte Festsetzungsfrist entfallen und es gelte wieder die normale Festsetzungsfrist von vier Jahren. Da der Ablauf der normalen Festsetzungsfrist nicht gehemmt worden sei, ende die Frist mit Ablauf des Jahres 1999, so dass der Änderungsbescheid vom 18. Oktober 2001 nach Ablauf der Festsetzungsfrist erlassen worden sei. Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1082 veröffentlicht.
9 Mit der Revision rügt das FA die fehlerhafte Anwendung von § 169 Abs. 2 Satz 2 AO.
10 Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
11 Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
[...]