Leitsatz
Das Erschleichen der Eigenheimzulage durch bewußt unvollständige Angaben stellt einen Subventionsbetrug dar, auf den die in § 169 Abs. 2 Satz 2 geregelte Festsetzungsfrist von 10 Jahren anwendbar ist.
Tatbestand
1 Durch notariellen Kaufvertrag vom 24. Februar 1998 erwarb die Antragstellerin eine Eigentumswohnung in A, G.1., zu Anschaffungskosten von insgesamt 248.960,27 DM.
2 Mit Antrag vom 25. Januar 1999 machte die Antragstellerin Eigenheimzulage geltend und gab an, dass sie die Wohnung ihrer Mutter unentgeltlich überlasse. Dem Antrag beigefügt war u. a. die Anmeldung der Mutter bei der Meldebehörde über den Einzug zum 30. November 1998.
3 Mit Bescheid vom 18. März 1999 wurde die Eigenheimzulage auf je 4.000,- DM für die Jahre 1998 - 2005 festgesetzt. Der Bescheid wurde am 21. Juli 2000 aufgrund der Geburt des zweiten Kindes der Antragstellerin dahin geändert, dass die Eigenheimzulage für die Jahre 2000 - 2005 auf jeweils 5.500,- DM festgesetzt wurde. Wegen der Geburt des dritten Kindes der Antragstellerin wurde die Eigenheimzulage für die Jahre 2001 bis 2005 mit Bescheid vom 08. März 2002 auf 7.000,- DM jeweils erhöht. Die den betreffenden Bescheiden beigefügten Vorbehalte der Nachprüfung hob der Antragsgegner am 14. März 2005 auf.
4 Infolge einer Anzeige von B,, dem früheren Lebensgefährten der Mutter der Antragstellerin, kam es zu Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes … gegen die Antragstellerin. In dem daraufhin ergangenen steuerlichen Kurzbericht vom 14. Mai 2008 wurde festgestellt, dass die streitige Wohnung an die Mutter und den Anzeigenerstatter entgeltlich vermietet worden sei. Die Miete sei auf Wunsch der Antragstellerin nicht auf ihr Konto, sondern auf das Konto der Lebenspartnerin des Bruders der Antragstellerin überwiesen worden.
5 Aufgrund dieser Feststellungen hob der Antragsgegner mit Bescheiden vom 08. Juli 2008 (betreffend Eigenheimzulage ab 2001), 11. Juli 2008 (hinsichtlich der Eigenheimzulage für 2000) und vom 16. Juli 2008 (bezüglich Eigenheimzulage 1998 und 1999) die Festsetzungen der Eigenheimzulage nach § 173 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - auf. Dagegen erhob die Antragstellerin Einsprüche, über die der Antragsgegner noch nicht entschieden hat. Nach Einreichung des Antrages vom 03. November 2008 auf Aussetzung der Vollziehung der inzwischen vom Antragsgegner erlassenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 16. Oktober 2008 sowie der dem zugrunde liegenden Steuerbescheide erklärte der Bevollmächtigte der Antragstellerin, Rechtsanwalt …, mit Schreiben vom 26. November 2008 u. a., dass der „Geldfluss der Mutter an die Tochter … lediglich zur Unterstützung zum einen bei der Kredittilgung, zum anderen als Unterstützung für X und ihre drei Kinder“ und „nicht als Gegenleistung für das Wohnrecht“ erfolgt sei.
6 Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2009 hat die Antragstellerin das Gericht gemäß § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung - FGO - angerufen unter Hinweis darauf, dass der Antragsgegner weiter vollstrecke, ohne die Einsprüche gegen die „Rückforderungsbescheide“ zu bearbeiten.
7 Die Antragstellerin macht geltend, der Antragsgegner stütze sich zu Unrecht auf die Aussage des ehemaligen Lebensgefährten der Mutter, wonach die Zahlungen der Mutter Mietzahlungen auf die mit der Eigenheimzulage geförderte Immobilie darstellten. Vielmehr seien die betreffenden Leistungen in unterschiedlicher Höhe und bereits vor Beantragung der Eigenheimzulage geflossen. Auch seit dem Auszug aus der geförderten Wohnung leiste die Mutter noch monatliche Zahlungen an sie - die Antragstellerin - direkt. Im Rahmen ihrer Beschuldigtenvernehmung vom 14. Oktober 2008 habe sie - die Antragstellerin - bereits gegenüber der Steuerfahndungsstelle betont, dass die Zahlungen der Mutter lediglich zur Vermeidung von Missverständnissen für den Zeitraum der Eigenheimzulage über das Konto der Lebensgefährtin ihres Bruders fließen sollten. Dies sei auf ausdrücklichen Hinweis des mit der Finanzierung der Immobilie beauftragten Vermögensberaters erfolgt. Dieser habe auch erst auf die Möglichkeit der Beantragung von Eigenheimzulage hingewiesen. Die Anzeige von B beruhe auf unwahren Angaben. Der vor dem Amtsgericht A abgeschlossene zivilrechtliche Rechtsstreit zwischen ihr und B habe mit einem Vergleich dergestalt geendet, dass sie B die Nutzung der Wohnung gestatte. Dies spreche gegen ein Mietverhältnis. Ferner habe B im Rahmen der zivilrechtlichen Auseinandersetzung erklärt, dass es sich nicht um Mietzahlungen, sondern um die Abzahlung des Kredits an das Geldinstitut handele. Dies stehe im Widerspruch zu der Behauptung in der Strafanzeige, in der B die Zahlung von Mietzins der Mutter an sie - die Antragstellerin - behaupte. Im Übrigen ergebe sich die unterschiedliche Höhe der Zahlungen der Mutter daraus, dass diese ihre Unterstützung an ihre Tochter und die Enkel von ihrer jeweiligen Zahlungsfähigkeit abhängig gemacht habe. Teilweise sei dieses Geld auch für die Tilgung des für den Wohnungskauf aufgenommenen Kredits verwandt worden. Dies stelle aber keinen Verstoß gegen die mit Beziehung der Eigenheimzulage verbundenen Bedingungen dar, den Wohnraum unentgeltlich an Verwandte zu überlassen. Darüber hinaus stelle die Vollstreckung und Vollziehung aufgrund des noch laufenden Steuerstrafverfahrens eine unzumutbare Härte dar, weil die dem behaupteten Schuldgrund zugrunde liegenden Sachverhalte noch nicht ausermittelt worden seien. Dies sehe die Steuerfahndung ebenso. Die Beiziehung der Ermittlungsakte in dem Verfahren (Aktenzeichen …) werde dringend angeregt.
8 Die Antragstellerin beantragt, die Vollziehung der Bescheide vom 08., 11. und 16. Juli 2008 auszusetzen, hilfsweise, die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
9 Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
10 Er weist darauf hin, dass die Antragstellerin im Rahmen ihrer Beschuldigtenvernehmung angegeben habe, dass zunächst am 30. September 1998 ein Mietvertrag über die streitige Wohnung geschlossen worden sei. Als sie dann von ihrem Finanzberater darauf hingewiesen worden sei, dass ein Mietverhältnis der Gewährung der Eigenheimzulage entgegenstünde, habe sie den Mietvertrag zerrissen. In dem Zivilrechtsstreit zwischen der Antragstellerin und dem ehemaligen Lebensgefährten der Mutter habe die Antragstellerin ebenfalls eingeräumt, seit 1999 über Umwege monatlich zunächst 300,- DM, später dann 600,00 DM von ihrer Mutter erhalten zu haben. Dem Einwand der Antragstellerin, es handele sich bei den regelmäßigen monatlichen Zahlungen nicht um Entgelte für die Wohnungsüberlassung, sondern um Unterstützungsleistungen, sei nicht zu folgen. Die Antragstellerin habe nämlich zusätzlich zum Elterngeld über erhebliche - in der Antragserwiderung bezifferte - Einnahmen verfügt. Des Weiteren könne davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin Unterhaltszahlungen für ihre Kinder erhalten habe. Eine monatliche finanzielle Unterstützung der Antragstellerin durch die Mutter sei danach nicht erforderlich gewesen. Zudem seien die monatlichen „Unterstützungsleistungen“ auch vor und nach dem Zeitraum des Bezugs von Elterngeld gezahlt worden. Die Bruttolohnbezüge der Antragstellerin hätten in dem Kalenderjahr 1998 und 1999 69.262,21 DM und 70.708,52 DM betragen.
11 Der Antragsgegner meint, dass eine Gegenleistung - gleich welcher Art und Höhe - für die Wohnungsüberlassung eigenheimzulageschädlich sei. Das Bestehen eines Mietverhältnisses sei insofern nicht Voraussetzung, um eine Gegenleistung anzunehmen. Unentgeltlichkeit liege nur dann vor, wenn keinerlei Entgelt gezahlt werde. Der zeitliche Zusammenhang der Zahlungen mit der Wohnungsüberlassung werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Zahlungen vor der Antragstellung auf Eigenheimzulage begonnen hätten. Maßgeblich sei allein der wirtschaftliche und zeitliche Zusammenhang der Wohnungsüberlassung mit einer Gegenleistung. Sofern die Antragstellerin auch jetzt noch regelmäßige Zahlungen von ihrer Mutter erhalte, sei dies auch nur darauf zurückzuführen, dass sich - wie von Anfang an vereinbart - die Mutter an den Kosten des Darlehens beteilige, welches die Antragstellerin für den Erwerb der Wohnung aufgenommen habe.
Entscheidungsgründe
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FG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom 28.08.2009, 11 V 11151/09