Redaktioneller Leitsatz
Die bloße Vermutung einer Unterhaltspflichtverletzung, sowie der pauschale Verweis auf die Lebenswirklichkeit, reicht für eine Durchsuchung und damit für einen Eingriff in die grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre nicht aus.
Tatbestand
1 Der Beschwerdeführer lebt seit Mai 2008 von seiner Ehefrau getrennt. Er ist seinem am 26. Juni 2007 geborenen Sohn R... gegenüber unterhaltspflichtig. Nach der Trennung begann er nach seinen Angaben eine erste, von der Agentur für Arbeit finanzierte Berufsausbildung (Umschulung), welche er im Sommer 2010 abschloss. Im Rahmen dieser Umschulungsmaßnahme sei er bei der Firma P... als Praktikant beschäftigt gewesen. Er habe während dieser Zeit lediglich Leistungen von der Agentur für Arbeit bezogen; die Tätigkeit als Praktikant sei nicht vergütet worden. Über die seit Januar 2010 beim Amtsgericht gegen den Beschwerdeführer anhängige Unterhaltsklage war zum Zeitpunkt der Anordnung der Durchsuchung keine Entscheidung ergangen.
2 Das Amtsgericht ordnete mit dem angegriffenen Beschluss vom 15. Oktober 2010 die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers nach schriftlichen Unterlagen, welche Aufschluss über dessen finanzielle Verhältnisse geben könnten, an. Der Beschwerdeführer werde verdächtigt, seinen Unterhaltspflichten gegenüber seinem Sohn unentschuldigt seit September 2009 nicht nachgekommen zu sein, so dass das Kind durch die Kindsmutter und Dritte habe unterstützt werden müssen.
3 In der dagegen gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, die Kindesmutter habe ihm im Laufe des Unterhaltsverfahrens immer wieder vorgeworfen, neben seinem Arbeitslosengeld während der Umschulung weitere Einkünfte erzielt zu haben. Es werde auf das beim Amtsgericht anhängige Verfahren zum Trennungs- und Kindesunterhalt verwiesen.
4 Der Durchsuchungsbeschluss enthalte keine nähere Angabe, warum die behauptete Unterhaltspflichtverletzung unentschuldigt gewesen sein solle und woraus sich dieses herleiten lasse. Die Anordnung der Durchsuchung sei auch unverhältnismäßig gewesen. Es hätte dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen, das Familienrechtsverfahren abzuwarten. Wenn der Staatsanwaltschaft nicht weitere Argumente vorlägen als von der Kindesmutter im Unterhaltsverfahren vorgetragen, bestünden keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte im Sinne des § 102 StPO.
5 Das Landgericht verwarf die Beschwerde mit dem angegriffenen Beschluss vom 2. Dezember 2010. Der amtsgerichtliche Beschluss genüge den Mindestanforderungen. Die Voraussetzungen für eine Durchsuchung hätten vorgelegen. Die Durchsuchung habe dem Auffinden und der anschließenden Sicherung der näher bezeichneten Beweismittel gedient. Insbesondere aufgrund der Angaben der Firma P... auf deren Internetseite habe mehr als ein Anfangsverdacht bestanden, der Beschwerdeführer sei unentschuldigt seinen Unterhaltspflichten nicht nachgekommen. Es widerspreche der Lebenswirklichkeit, dass Praktikanten, die in der Regel nur kurzfristig innerhalb der Firma tätig seien, mit eigenem Foto im Internet vorgestellt würden, zumal die Firma P... im Internet Auszubildende entsprechend kennzeichne, obwohl diese in der Regel längerfristig und meistens auch mit weitergehenden Befugnissen als Praktikanten tätig seien. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Firma P... angegeben habe, der Beschwerdeführer habe als Praktikant kein Geld erhalten. An den Angaben des Beschwerdeführers und der Firma P..., dass dem Beschwerdeführer kein Geld gezahlt worden sei, dürften auch angesichts des Umstandes, dass der dem Beschluss zugrundeliegende Verdacht sich eventuell durch die Kontoauszüge nicht erhärtet habe, weiterhin ernstliche Zweifel bestehen.
Entscheidungsgründe
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