steuerdelikt.de

Expertenwissen Steuerstrafrecht.

 

Steuerhinterziehung und deutscher Wohnsitz

Steuern können nur hinterzogen werden, wenn tatsächlich eine Steuerpflicht besteht. Die konkrete Steuerpflicht ergibt sich wiederum aus den einzelnen Steuergesetzen. Zur Besteuerung des Einkommens knüpft das deutsche Steuerrecht dabei regelmäßig an den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt an. In Deutschland wird bei der persönlichen Steuerpflicht zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht unterschieden. Die Steuerpflicht entfällt nur, wenn der Betroffene weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig ist.

Unbeschränkte Steuerpflicht

Grundsätzlich besteht die unbeschränkte Steuerpflicht für all diejenigen, die entweder ihren Wohnsitz (§ 8 AO) oder den gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) in Deutschland haben. Auf die Staatsangehörigkeit kommt es nicht an. Ist jemand unbeschränkt steuerpflichtig, so ist in der Regel sein gesamtes Einkommen, unabhängig davon, wo es erzielt wurde, in Deutschland zu versteuern.

Wohnsitz

Die unbeschränkte Steuerpflicht für Einkünfte einer Person in Deutschland, besteht zunächst immer dann, wenn sich der Wohnsitz der Person in Deutschland befindet.

Nach § 8 AO hat jemand seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei kommt es immer auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Als Wohnungen werden alle objektiv zum Wohnen geeigneten Wohnräume verstanden. Eine bescheidene Bleibe ist vollkommen ausreichend, ebenso eine Wohngemeinschaft. Eine abgeschlossene Wohnung mit Küche und separater Waschgelegenheit ist nicht erforderlich.

Die Wohnung muss der Steuerpflichtige innehaben, das heißt er muss jederzeit und tatsächlich über sie verfügen können und darf sie nicht nur vorübergehend nutzen. Sowohl ein Hotelzimmer, als auch das ehemalige Kinderzimmer bei den Eltern kann einen Wohnsitz darstellen, wenn es denn dauerhaft genutzt wird und eine tatsächliche Verfügungsmacht besteht. Gelegentliches Übernachten bei Verwandten reicht hingegen nicht aus. Eine Person kann gleichzeitig mehrere Wohnsitze haben und selbst eine Ferienwohnung kann einen weiteren Wohnsitz darstellen, wenn sie zum dauerhaften Wohnen geeignet ist und regelmäßig genutzt wird.

Allein der Umzug in ein anderes Land, oder die Abmeldung bei der Meldebehörde bedeutet nicht, dass kein Wohnsitz mehr in Deutschland besteht. Wer einen Wohnsitz im Ausland begründet und seine Wohnung in Deutschland beibehält, hat in Deutschland weiterhin einen Wohnsitz. Auch ein vorübergehendes Vermieten der Wohnung ändert nichts an dem Wohnsitz. Der Wohnsitz besteht jedoch nicht mehr, wenn die inländische Wohnung tatsächlich aufgegeben wird. Dies ist der Fall, wenn die inländische Wohnung beim Wegzug verkauft oder langfristig vermietet wird.

Gewöhnlicher Aufenthalt

Sofern kein Wohnsitz in Deutschland vorhanden ist, besteht die unbeschränkte Steuerpflicht jedoch auch, wenn jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.

Der gewöhnliche Aufenthalt erfordert lediglich, dass sich jemand dauerhaft und tatsächlich in Deutschland aufhält. Ab einem Aufenthalt von 6 Monaten wird der gewöhnliche Aufenthalt stets angenommen. Eine kurze Unterbrechung, beispielsweise durch einen Urlaub, spielt dabei keine Rolle. Der gewöhnliche Aufenthalt erfordert weder eine Wohnung noch muss der Aufenthalt sich auf einen Ort oder ein Gebiet im Inland beschränken. Im Gegensatz zum Wohnsitz, kann der gewöhnliche Aufenthalt aber nicht in zwei Ländern gleichzeitig bestehen.

Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht

Als Sonderfall, neben den klassischen Fällen der unbeschränkten und beschränkten Steuerpflicht, sieht das deutsche Steuerrecht noch eine erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht vor. Diese gilt für ins Ausland entsandte Bedienstete des Staates, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Dieser Personenkreis ist grundsätzlich unbeschränkt steuerpflichtig. Betroffen sind hiervon insbesondere deutsche Soldaten und Diplomaten.

Beschränkte Steuerpflicht

Wenn weder ein Wohnsitz noch ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland festzustellen ist und auch nicht die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht zum Zuge kommt, besteht noch die Möglichkeit einer beschränkten Steuerpflicht, sofern besondere inländische Einkünfte nach § 49 EStG erzielt werden. Dabei kommt es allein auf die Art der Einkünfte an. Hiervon betroffen sind beispielsweise Einkünfte aus der Landwirtschaft und aus Gewerbebetrieb.

Zusätzlich besteht für ein im Ausland lebenden Deutschen noch die Möglichkeit, dass er erweitert beschränkt steuerpflichtig ist. Diese besondere Form der Steuerpflicht ist im Außensteuergesetz geregelt und liegt vor, wenn ein deutscher Staatsbürger in ein Niedrigsteuerland ausgewandert ist, in den letzten 10 Jahren vor Verlegung des Wohnsitzes insgesamt 5 Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war und weiterhin in Deutschland wesentliche wirtschaftliche Interessen hat. Insbesondere für Deutsche, die bewusst ins Ausland ziehen, um Steuern zu sparen, kann diese Steuerpflicht eingreifen und sollte nicht übersehen werden.

Doppelbesteuerungsabkommen

Neben den nationalen Regelungen gibt es noch zahlreiche Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit anderen Staaten. Diese haben grundsätzlich das Ziel eine Doppelbesteuerung zu vermeiden und können die nationale Steuerpflicht beschränken oder ausschließen. Wichtig ist allerdings, dass dies nur die sachliche und nicht die persönliche Steuerpflicht betrifft. Wer in Deutschland durch seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt unbeschränkt steuerpflichtig ist, ergibt sich weiterhin aus den §§ 8 und 9 AO. DBA regeln lediglich bestimmte steuerfreie Einkünfte. Selbst wenn durch ein DBA bestimmte Einkünfte steuerfrei sind, so werden sie doch durch den Progressionsvorbehalt dem Steuerpflichtigen berechnet.

Keine Steuerpflicht

Sofern weder eine unbeschränkte noch eine beschränkte Steuerpflicht mit all ihren Sonderformen vorliegt, hat ein im Ausland lebender Deutscher keine Einkommensteuerpflicht in Deutschland. Eine Steuerhinterziehung ist in diesem Fall insoweit nicht möglich. Doch bevor man es aufgrund eines Wegzugs einfach unterlässt in Deutschland seine Einkünfte zu erklären, sollte man sich sicher sein, dass wirklich keine Steuerpflicht mehr in Deutschland besteht. Anderenfalls kann es zu unerwünschten Steuernachzahlungen und im schlimmsten Fall zur Ermittlung der Steuerfahndung wegen Steuerhinterziehung kommen. Im Zweifel sollte man sich in jedem Fall fachkundigen Rat einholen.

Steuerhinterziehung und deutscher Wohnsitz

Ähnliche Beiträge

 

* Durch den Klick auf einen Link mit * unterstützten Sie unsere Arbeit. Wir bekommen dann ggf. eine geringe Vergütung. Empfehlungen erfolgen allerdings immer unabhängig und alleine inhaltsbezogen.

Unverbindliche Anfrage Steuerstrafrecht

Kontaktieren Sie uns kostenfrei und unverbindlich bei Fragen zu Steuerstrafrecht, Selbstanzeige, Steuerstrafverfahren etc. Wir melden uns kurzfristig zurück.

Achtung! Bei Fristabläufen oder anderem sofortigen Handlungsbedarf kontaktieren Sie uns für eine Bearbeitung am selben Tag bitte ausschließlich telefonisch Montag bis Freitag vor 17 Uhr: +49 30 39 88 53 860