Bei der Steuerhinterziehung handelt es sich um eine in der Abgabenordnung (AO) geregelte Steuerstraftat. Es lassen sich die einfache Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO und die schwere Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 AO (Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen) unterscheiden. Ein Versuch der Steuerhinterziehung ist ebenfalls strafbar. Die Steuerhinterziehung kann von jedem Steuerpflichtigen und von Dritten (z.B. Angehörige, Mitarbeiter, Steuerberater etc.) begangen werden, wobei die Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung oft schnell erfüllt sind. Als Sanktionen kommen Geld- oder Freiheitsstrafen bis zu zehn bzw. als Gesamtstrafe bis zu fünfzehn Jahren in Betracht. Die Verjährung der Steuerhinterziehung tritt frühestens nach fünf Jahren und spätestens nach 37,5 Jahren ein. Durch richtige und rechtzeitige Reaktionen können die negativen Konsequenzen einer Steuerhinterziehung oftmals vermieden oder zumindest deutlich reduziert werden.
Voraussetzungen
Voraussetzung einer einfachen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO sind falsche, unvollständige oder unterlassene Angaben in Steuersachen gegenüber einer Finanzbehörde.
Die Angaben oder deren Unterlassen müssen dazu führen, dass Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt werden. Zu beachten ist, dass bereits eine verspätete Steuerzahlung einen derartigen Steuervorteil darstellen kann.
Außerdem muss der Betroffene vorsätzlich gehandelt haben.
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Checkliste Steuerhinterziehung
Eine strafbare einfache Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 AO liegt vor, falls die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Angaben gegenüber einer Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen werden
- unrichtig
- unvollständig oder
- pflichtwidrig nicht
gemacht (einschl. pflichtwidriges Nichtverwenden von Steuerzeichen oder Steuerstemplern).
2. Steuer werden verkürzt, d.h. Steuern werden
- nicht
- nicht in voller Höhe oder
- nicht rechtzeitig
festgesetzt. Alternativ: es werden nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
3. Vorsatz, d.h. Betroffener kannte und wollte den vorgenannten Sachverhalt.
4. Keine Verjährung.
5. Keine wirksame Selbstanzeige.
Neben der einfachen Steuerhinterziehung existieren weitere Steuerdelikte. So wird z.B. unter den weitergehenden Voraussetzungen des § 370 Abs. 3 AO die Steuerhinterziehung als besonders schwerer Fall eingeordnet. Die Folge sind dann insbesondere höhere Strafen und längere Verjährungsfristen.
Bereits der Versuch der Steuerhinterziehung ist gem. § 370 Abs. 2 AO strafbar.
Formen
Als sog. Blankettnorm wird der in § 370 AO geregelte Tatbestand der Steuerhinterziehung immer durch in verschiedenen Einzelsteuergesetzen geregelten weitere Voraussetzungen ergänzt. In diesem Sinne gibt es nicht „die Steuerhinterziehung“,sondern unterschiedliche Formen der Steuerhinterziehung, z.B. eine Einkommensteuerhinterziehung, Umsatzsteuerhinterziehung etc.
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Täter und Teilnehmer
Die Steuerhinterziehung kann sowohl von Steuerpflichtigen selbst als auch von Dritten (z.B. Angehörige, Mitarbeiter, Steuerberater etc.) in verschiedenen Formen der Täterschaft und Teilnahme begangen werden.
Strafe und Nebenfolgen
Die Hinterziehung von Steuern wird gem. § 370 Abs. 1 AO mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In besonderen Fällen kann die Freiheitsstrafe gem. § 370 Abs. 3 AO von mindestens sechs Monaten bis zu zehn Jahren betragen. Die konkrete Strafe wird anhand verschiedener Kriterien im Rahmen einer individuellen Strafzumessung unter Berücksichtigung des jeweils vorgegebenen Strafrahmens ermittelt. Die Gesamtstrafe kann dabei bis zu fünfzehn Jahren betragen. Wird eine wirksame Selbstanzeige zur Steuerhinterziehung abgegeben, kann dies zur Straffreiheit nach § 371 AO oder zum Absehen von Strafe nach § 398a AO führen.
Neben der eigentlichen Strafe wegen Steuerhinterziehung können ggf. verschiedene Nebenverfahren und Folgen der Steuerhinterziehung auftreten (z.B. die Eintragung der Strafe in das Bundeszentralregister / polizeiliche Führungszeugnis, Mitteilungspflichten oder Disziplinarmaßnahmen bei Beamten).
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Verjährung
Die Verjährung der einfachen Steuerhinterziehungen erfolgt nach fünf Jahren, § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB. Bei Steuerhinterziehungen im besonders schweren Fall tritt eine Verjährung nach zehn Jahren ein, § 376 Abs. 1 AO. Zu beachten ist dabei, dass die Verjährung durch verschiedene Maßnahmen wie etwa die Bekanntgabe der Eröffnung des Steuerstrafverfahrens unterbrochen werden kann. Dies kann zu erheblichen Verlängerungen der Verjährung führen, im Maximalfall zu einer Verjährung, welche erst nach Ablauf von 37,5 Jahren eintritt.
Bei der Berechnung der Verjährung ist unbedingt darauf zu achten, dass der Verjährungsbeginn korrekt ermittelt wird. Dieser kann je nach Einzelfall, insbesondere je nach Steuerart und Verhalten des Betroffenen sehr unterschiedlich sein. Keinesfalls verjähren eine Steuerhinterziehungen bereits fünf Jahre nach Ende des jeweiligen Veranlagungszeitraums.
Im Steuerstrafrecht sind schließlich verschiedene Formen der Verjährung zu unterscheiden, namentlich die Strafverfolgungsverjährung, die Strafvollstreckungsverjährung und die Festsetzungsverjährung.
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Selbstanzeige
Eine wirksame Selbstanzeige führt gem. § 371 AO zur Straffreiheit. Die Selbstanzeige ist eine Besonderheit des Steuerstrafrechts. Betroffene werden insoweit trotz Steuerhinterziehung nicht bestraft. Die an eine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige gestellten Voraussetzungen sind allerdings hoch. Sie wurden von der Rechtsprechung und dem Gesetzgeber immer wieder verschärft.
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Was tun bei Steuerhinterziehung?
Negative Folgen von Hinterziehungen lassen sich ggf. wieder beseitigen. Dies gilt insbesondere für die Bestrafung und den Eintrag in das Bundeszentralregister / polizeiliche Führungszeugnis. Hierzu sollte zunächst möglichst frühzeitig geprüft werden, ob eine Selbstanzeige abgegeben werden kann. Soweit eine Selbstanzeige rechtzeitig und formal korrekt eingereicht wird, kommt es für den Betroffenen zu keiner Bestrafung.
Ist ein Steuerstrafverfahren bereits eingeleitet (und deshalb eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich), sollte im Rahmen einer individuell entwickelten Verteidigungsstrategie festgelegt werden, ob und ggf. in welchem Umfang eine Kooperation mit dem Finanzamt / der Steuerfahndung möglich und sinnvoll ist. Hierdurch können die zu erwartenden (Vor-) Strafen oftmals minimiert oder sogar ganz vermieden werden.
Strategische Verteidigung:
Verjährung nutzen, Strafe vermeiden
Steuerhinterziehung kann zu vielfältigen Nachteilen führen. Unser Ziel ist es, diese Nachteile mit einer strategisch optimalen Verteidigung möglichst vollständig zu vermeiden oder jedenfalls spürbar zu reduzieren. Ein erfahrener Anwalt prüft alle Details der Steuerhinterziehung einschließlich einer möglichen Verjährung individuell. Anschließend arbeitet der Anwalt individuelle Lösungskonzepte aus und stimmt diese mit den Mandantinnen und Mandanten ab. Wir beraten und vertreten sowohl in Berlin, als auch online und bundesweit bei Konflikten mit allen Finanzämtern und Ermittlungsbehörden. In über 20 Jahren anwaltlicher Tätigkeit im Steuerstrafrecht konnten wir in einer Vielzahl von Fällen erfolgreich gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung verteidigen.