Strafverfolgungsverjährung regelt die strafrechtliche Verjährung der Steuerhinterziehung. Sie legt fest, innerhalb welches zeitlichen Rahmens eine Bestrafung wegen Steuerhinterziehung erfolgen kann und beträgt grundsätzlich fünf oder fünfzehn Jahre und kann sich je nach Verfahrensverlauf bis auf 37,5 Jahre verlängern. Erheblichen Einfluss auf den jeweiligen Verjährungsumfang hat der auch genaue Beginn der Strafverfolgungsverjährung, welcher nicht immer einfach zu bestimmen ist. Die Strafverfolgungsverjährung ist von der Festsetzungsverjährung als weiterer Verjährung bei Steuerhinterziehung zu unterscheiden.
Dauer / Verjährungsfrist
Die Strafverfolgungsverjährung als eine von mehreren im Steuerstrafrecht relevanten Formen der Verjährung beträgt bei der einfachen Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO) fünf Jahre. Sie betrifft lediglich das Steuerstrafverfahren bzw. das dahinterstehende Strafinteresse des Staates.
In den besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 - 5 AO) beträgt die Verjährungsfrist gem. § 376 Abs. 1 AO fünfzehn Jahre. An der Verfassungsmäßigkeit dieser verlängerten Verjährungsregelung bestehen Bedenken. In jedem Fall erschwert das verlängerte Verjährungmodell die Verteidigung gegen den Vorwurf einer Steuerhinterziehung dahingehend, dass die Feststellung eines Regelbeispiel in vielen Fällen erst nach der Beweisaufnahme des Strafprozesses möglich ist.
Experten-Tipp: In Zweifelsfällen sollte von einem besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung ausgegangen und eine fünfzehnjährige Verjährung zugrunde gelegt werden.
Die absolute Verjährung ist für die einfache Steuerhinterziehung in § 78c Abs. 3 S. 2 StGB geregelt. Danach tritt die Verfolgungsverjährung spätestens nach dem doppelten der gesetzlichen Verjährungsfrist, also zehn Jahre nach der Beendigung der Steuerhinterziehung ein. In den besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 - 6 AO) bestimmt § 376 Abs. 3 AO allerdings eine weitergehende absolute Verjährungsfrist i.H.d. das Zweieinhalbfache der gesetzlichen Verjährungsfrist. Dies bedeutet, dass in Fällen der schweren Steuerhinterziehung die absolute Verjährung erst nach 37,5 Jahren eintritt.
Beginn der Verjährungsfrist
Die Verjährungsfrist beginnt mit der Beendigung der Steuerhinterziehung. Wann die Steuerhinterziehung beendet ist und damit die Strafverfolgungsverjährung konkret beginnt, ist unterschiedlich zu beurteilen. Dies hängt neben der Steuerart insbesondere davon ab, ob der Betroffene aktiv gehandelt hat (z.B. eine falsche Steuererklärung abgegeben hat) oder ob er überhaupt nicht gehandelt hat (z.B. keine Steuererklärung abgegeben hat).
Steuerhinterziehung durch aktives Handeln: Gibt der Betroffene eine falsche Steuererklärung ab, so beginnt die Strafverfolgungsverjährung mit dem Zugang des (falschen) Steuerbescheids.
Beispiel: Die Steuererklärung für das Jahr 2009 wird am 15.04.2010 abgegeben. Der Steuerbescheid ergeht am 28.07.2010. Der Steuerpflichtige erhält diesen per Post am 30.07.2010. Zum 30.07.2010 beginnt somit die Verjährung. Sie läuft am 30.07.2015 ab.
Steuerhinterziehung durch Unterlassen: Im Falle einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gibt der Betroffene keine Steuererklärung ab. Die Strafverfolgungsverjährung beginnt in diesen Unterlassungsfällen mit dem allgemeinen Abschluss der Veranlagungsarbeiten für das jeweilige Kalenderjahr beim zuständigen Finanzamt. Weitere Einzelheiten zur Verjährung bei Nichtabgabe von Steuererklärungen >
Ruhen der Verjährung
Die Verjährung ruht unter den in § 78b StGB genannten Voraussetzungen.
Unterbrechung / Neubeginn der Verjährung
Die Verjährungsfrist kann sich durch eine Unterbrechung gem. § 78c StGB verlängern.
Die Unterbrechung ergibt sich aus bestimmten Maßnahmen, wie z.B. der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, eine Durchsuchung oder Beschlagnahme.
Experten-Tipp: Falls Strafverfolgungsmaßnahmen vorliegen, sollte deren Wirksamkeit auch hinsichtlich einer Verjährungsunterbrechung sorgfältig geprüft werden.
Insgesamt nennt § 78c StGB die folgenden Maßnahmen, welche zu einer Unterbrechung bzw. einem Neubeginn der Verjährung führen:
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
die Erhebung der öffentlichen Klage,
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung gem. § 78c Abs. 3 S. 1 StGB von neuem. Begrenzt wird die Verjährung dabei allerdings durch die absolute Verjährungsfrist, welche 10 Jahre für die einfache Steuerhinterziehung und 37,5 Jahre für die schwere Steuerhinterziehung beträgt.
Ende der Verjährungsfrist / Verjährung
Die Verjährung endet mit Ablauf der Verjährungsfrist.
Zu beachten ist dabei, dass die Verjährung nicht alleine unter Zugrundelegung des jeweiligen Veranlagungsjahres berechnet wird. Die Verjährung einer Einkommenssteuerhinterziehung im Jahr 2009 verjährt nicht im Jahr 2009 + 5 = 2014! Eine Verjährung ist frühestens 2015 möglich (s. Beispiel oben). Oftmals verjährt die Steuerhinterziehung sogar erst mehrere Jahre später, also z.B. auch erst im Jahr 2018 oder noch später. Dies betrifft vor allem die Fälle, in denen keine Steuererklärungen abgegeben wurden.
Soweit die Verjährung gem. § 78b StGB ruht oder gem. § 78c StGB unterbrochen ist, endet die Verjährung entsprechend später.
Strategische Verteidigung:
Verjährung nutzen, Strafe vermeiden
Steuerhinterziehung kann zu vielfältigen Nachteilen führen. Unser Ziel ist es, diese Nachteile mit einer strategisch optimalen Verteidigung möglichst vollständig zu vermeiden oder jedenfalls spürbar zu reduzieren. Ein erfahrener Anwalt prüft alle Details der Steuerhinterziehung einschließlich einer möglichen Verjährung individuell. Anschließend arbeitet der Anwalt individuelle Lösungskonzepte aus und stimmt diese mit den Mandantinnen und Mandanten ab. Wir beraten und vertreten sowohl in Berlin, als auch online und bundesweit bei Konflikten mit allen Finanzämtern und Ermittlungsbehörden. In über 20 Jahren anwaltlicher Tätigkeit im Steuerstrafrecht konnten wir in einer Vielzahl von Fällen erfolgreich gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung verteidigen.