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Strafzumessung: Strafmilderung und -verschärfung

StrafzumessungFür die Strafzumessung bei Steuerhinterziehung (und anderen Delikten) existieren verschiedene gesetzlich bestimmte Umstände, die bei der Ermittlung des individuellen Strafmaßes zu berücksichtigen sind. Die Rechtsprechung hat diese weiter konkretisiert. Es exisitiert eine große Anzahl individueller Entscheidungen der Gerichte. Die wegen Steuerhinterziehung festzusetzende Strafe muss nach Gesetz und Rechtsprechung für jeden Einzelfall bestimmt werden, wobei sowohl strafmildernde als auch strafschärfende Gründe vorliegen können.

Gesetz

Das Gesetz nennt bestimmte Umstände, die bei der Abwägung im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen sind in § 46 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB):

  • die Beweggründe und die Ziele des Täters,
  • die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,
  • das Maß der Pflichtwidrigkeit,
  • die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,
  • das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie
  • ein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

Strafmildernde Gründe mit steuerstrafrechtlichem Bezug sind zum Beispiel strafloses Verhalten nach der Tat, etwa dergestalt, dass die Steuerhinterziehung ein einmaliger Vorgang war. Auch die Beendigung der Tat aus eigenem Antrieb, z.B. durch Auflösung einer schwarzen Kasse, kann sich strafmildernd auswirken.

Immer vorteilhaft ist auch die möglichst schnelle Nachzahlung der hinterzogenen Steuern, idealerweise einschließlich von Zinsen. Dabei bietet sich auch an, die Tat zu zugegeben und ernsthaft zu bereuen. Schadenswiedergutmachung, Geständnis und Reue helfen regelmäßig das Strafmaß zu reduzieren.

Strafschärfende Gründe sind u.a. eine besonders hohe kriminelle Energie wie etwa weitere Straftaten neben der eigentlichen Steuerhinterziehung. Zu nennen ist insoweit z.B. eine ergänzende Urkundenfälschung durch die Fälschung von Belegen, Verträgen oder anderen steuerlich relevanten Dokumenten. Auch die wiederholte Steuerhinterziehung kann sich strafschärfend auswirken, insbesondere wenn sie über längere Zeiträume erfolgt. Dabei kann zudem der gesetzlich gesondert geregelte Fall der schweren Steuerhinterziehung vorliegen.

Rechtsprechung

Wichtige von der Rechtsprechung auf der Grundlage des § 46 StGB anerkannte Strafzumessungsgründe können der nachfolgenden Übersicht entnommen werden:

Strafmildernde Gründe

Strafverschärfende Gründe

  

  • fehlende Vorstrafen
  • Geständnis und Reue
  • aktive Unterstützung bei Sachverhaltsaufklärung
  • lange Verfahrensdauer allgemein[1]
  • rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung[2]
  • Krankheit
  • hohes Alter
  • steuerliche Unerfahrenheit
  • geringer Bildungsgrad
  • „verunglückte“ Selbstanzeige[3]
  • Nachzahlung der verkürzten Steuern / Schadenswiedergutmachung
  • ggf. sorgloses und nachlässiges Verhalten des Finanzamts[4]
  • beamtenrechtliche Disziplinarmaßnahmen[5]
  • ehrengerichtliche Folgen[6]
  • fehlender Eigennutz, z.B. Rettung des Unternehmens
  • frühere Steuerehrlichkeit über einen längeren Zeitraum
  • freiwillige Beendigung der Steuerhinterziehung

 

  • Höhe der verkürzten Steuern[7]
  • Steuerverkürzung über längeren Zeitraum
  • einschlägige Vorstrafen
  • frühere Einstellungen gem. § 153a StPO
  • Wahl komplizierter Gestaltungen, welche die Aufdeckung erheblich erschweren, z.B. Scheingesellschaften, Domizilfirmen, Gewinnverlagerung ins Ausland
  • Hinterziehungssysteme, z.B. Umsatzsteuerkarusell
  • besonders verwerfliche Art der Ausführung
  • Begehung weiterer Steuerverkürzungen nach Einleitung des Strafverfahrens
  • Vernichten oder Beiseiteschaffen von Beweismitteln
  • Beeinflussung von Zeugen
  • Verletzung von Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten[8]
  • Hinterziehung fremder Steuern (z.B. USt oder LSt)
  • organisierte Steuerhinterziehung
  • gewerbsmäßige Steuerhinterziehung
  • persönliche, private Bereicherung
  • steuerrechtliche Kenntnisse und Erfahrungen

 


[1]    Vgl. BGH 26.10.2017, 1 StR 359/17BGH, 09.06.2017, 1 StR 45/17,

[2]    Vgl. BGH 17.01.2008, GSSt 1/07BGH 11.8.2016, 1 StR 196/16.

[3]    Vgl. BGH, 20.11.2018, 1 StR 349/18.

[4]    Vgl. BGH 03.05.1983, 1 StR 25/83, BeckRS 2011, 4599. Vgl. hierzu auch Klein, AO, 16. Aufl. 2022 *, Rn. 334a zu § 370 AO.

[5]    Vgl. BGH 14.09.1982, 4 StR 436/82, NStZ 1982, 507; BGH, 16.10.2003, 5 StR 377/03.

[6]    Vgl. BGH 29.04.1986, 1 StR 105/86, BeckRS 1986, 31093007.

[7]    Vgl. BGH 25.04.2017, 1 StR 606/16BGH 02.12.2008, 1 StR 416/08.

[8]    Vgl. BGH 28.07.2010, 1 StR 643/09BGH, 24.05.2017, 1 StR 418/16.

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Kriterien der Strafzumessung

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