Dem Beschuldigten muss spätestens mit der Beendigung der Tätigkeit der Steuerfahndung bzw. dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens die Möglichkeit zur Stellungnahme geboten werden. Dies geschieht im Wege der Vernehmung beziehungsweise der Anhörung. Eine Vernehmung kann aber auch schon zu einem früheren Zeitpunkt der Ermittlungsarbeit erfolgen.
Während in der Praxis die Vernehmung des Beschuldigten (und von Zeugen) in der Regel von der Steuerfahndung durchgeführt wird, ist eine Vernehmung grundsätzlich auch durch die Staatsanwaltschaft oder Bußgeld- und Strafsachenstelle möglich. Zur Vernehmung muss der Beschuldigte grundsätzlich geladen werden. Dies kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Auch für den Beschuldigten besteht die Möglichkeit der Anhörung schriftlich nachzukommen.
Rechte und Pflichten des Beschuldigten
Bei der Vernehmung der Steuerfahndung im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren besteht keine Pflicht des Beschuldigten zum Erscheinen. So steht es dem Beschuldigten frei, ob er bei der Steuerfahndung erscheint oder nicht. Sein Erscheinen kann nicht mit Zwangsmitteln erzwungen werden.
Anders verhält es sich bei einer Ladung zur Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft, die Bußgeld- und Strafsachenstelle und das Gericht, wo die Pflicht zum Erscheinen besteht. Wichtig ist jedoch darauf zu achten, dass es sich tatsächlich um eine Vernehmung im Strafverfahren handelt und nicht lediglich um eine des Steuerverfahrens. Da im Steuerverfahren eine Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen besteht, muss der Steuerpflichtige dort auch zur Vernehmung erscheinen. Die Steuerfahndung muss in der Ladung jedoch deutlich machen, ob es sich um eine strafrechtliche oder eine abgabenordnungsrechtliche Vernehmung handelt.
Bei der Vernehmung hat der Beschuldigte keinen Rechtsanspruch auf die Anwesenheit des Verteidigers. Dieser kann ihm jedoch nützlich sein, insbesondere da dieser im Gegensatz zum Beschuldigten Akteneinsicht nehmen kann. Da die Steuerfahndung ein grundsätzliches Interesse am Erscheinen des Beschuldigten und dessen Aussage hat, kann dies von der Anwesenheit des Verteidigers abhängig gemacht werden. Ein Verteidiger kann den Beschuldigten bei der Vernehmung vor kleineren und auch größeren Fehlern bewahren. Gestattet die Steuerfahndung die Anwesenheit, hat der Verteidiger ein Hinweis- und Fragerecht.
Taktik Beschuldigtenvernehmung
Während der Vernehmung hat der Beschuldigte zwei Möglichkeiten: Entweder er gibt zum Strafvorwurf eine Stellungnahme ab oder er macht von seinem Aussageverweigerungsrecht nach § 136 Abs. 1 S.2 StPO Gebrauch und schweigt.
Über das Aussageverweigerungsrecht muss der Beschuldigte zu Beginn der ersten Vernehmung belehrt werden. Wird die Belehrung unterlassen, führt dies zu einem strafrechtlichen Verwertungsverbot der Aussage[1]. Allerdings folgt daraus kein gleichzeitiges steuerliches Verwertungsverbot[2].
Strafrechtliche Nachteile folgen aus einem Schweigen nicht und sofern es sinnvoll erscheint, können auch zu einem späteren Zeitpunkt noch Angaben nachgeholt werden. Bevor der Beschuldigte sich zum Strafvorwurf erstmalig äußert, sollte er dies auf möglichst mit seinem Verteidiger absprechen.
Bei der Vernehmung als Beschuldigter durch die Steuerfahndung sind einige Punkte zu beachten. Die nachfolgende Checkliste soll eine erste Hilfestellung für das richtige Verhalten sein, wenn man als Beschuldigter eine Ladung zur Vernehmung von der Steuerfahndung erhält.
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Checkliste Beschuldigtenvernehmung Steuerfahndung
Bei einer Ladung von der Steuerfahndung zur Vernehmung als Beschuldigter sollten folgende Punkte beachtet werden:
1. Keine Aussagen vor Akteneinsicht: Machen Sie keinerlei Aussagen! Machen Sie keine spontanen Äußerungen. Zunächst muss eine Akteneinsicht durchgeführt werden, um den genauen Stand des Verfahrens zu kennen. Gehen Sie auch nicht auf vermeintlich verlockende Angebote der Steuerfahnder ein, nachdem z.B. ein Geständnis hilfreich wäre. Bedenken Sie, dass Sie es mit Profis zu tun haben, die sehr geschickte Fragensteller sind. Insbesondere ein nur teilweises Shweigen zu bestimmten Fragen kann nachteilig für Sie sein!
2. Rufen Sie Ihren Anwalt an! Sobald sie die Ladung erhalten haben, sollten Sie Kontakt mit Ihrem Anwalt aufnehmen. Besprechen Sie mit ihm Ihr taktisches Vorgehen. Die böhm anwaltskanzlei, Fachanwaltskanzlei für Steuerrecht und spezialisiert auf Steuerstrafrecht, erreichen Sie z.B. unter der Telefonnummer +49 (0)30 39885386-0.
3. Keine Pflicht zum Erscheinen: Grundsätzlich besteht keine Pflicht zum Erscheinen zur Vernehmung durch die Steuerfahndung. Eine Pflicht besteht nur gegenüber der Staatsanwaltschaft, der Bußgeld- und Strafsachenstelle und dem Gericht! Dies können Sie sich zu Nutze machen, indem Sie Ihr Erscheinen von der Anwesenheit Ihres Anwalts abhängig machen. Auf die Anwesenheit Ihres Verteidigers haben Sie nämlich keinen Rechtsanpruch. Selbst, wenn Sie nur Ihre Aussageverweigerung zu Protokoll geben wollen, ist die Anwesenheit Ihres Verteidigers von Bedeutung. Da die Steuerfahnder großes Interesse an Ihrem Erscheinen und Ihrer Aussage hat, sind sie grundsätzlich kooperationsbereit. Ihr Anwalt kann Sie insbesondere davor schützen, dass die Steuerfahndung Sie vor oder auch nach der Vernehmung zu Äußerungen drängen und Druck auf Sie ausüben.
4. Zeugen (z.B. Ehegatte, Kinder, Mitarbeiter, Kunden) sollten sich nach Möglichkeit ebenfalls nicht spontan äußern und zunächst einen Anwalt konsultieren.
[1] Vgl. BGH, 27.20.1998, 5 StR 190/91.
[2] Vgl. BFH , 23.1.2002, XI R 10, 11/01.