Für die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens ist ein Anfangsverdacht erforderlich. Ermittlungen "ins Blaue hinein" sind unzulässig. Die für einen Anfangsverdacht bzw. die Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erforderlichen Informationen stammen häufig aus dem Umfeld des Steuerpflichtigen. Daneben existieren verschiedene weitere Quellen. Unabhängig davon steht den Strafverfolgungsbehörden wie z.B. der Steuerfahndung ein umfangreiches Instrumentarium an Ermittlungsmethoden zur Verfügung. In gewissem Umfang können Betroffene durch geeignete Aktivitäten einem Anfangsverdacht entgegen wirken.
Im Strafrecht allgemein und damit auch im Steuerstrafrecht sind die Strafverfolgungsbehörden wie zum Beispiel die Steuerfahndung nach dem sogenannten Legalitätsprinzip verpflichtet, wegen aller verfolgbarer Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Diese zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte werden auch als Anfangsverdacht bezeichnet. Sobald ein Anfangsverdacht also gegeben ist, muss die Steuerfahndung zwingend einschreiten. Es wird ein Steuerstrafverfahren / Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Ein Anfangsverdacht liegt vor, wenn es nach (steuer-) kriminalistischer Erfahrung möglich erscheint, dass eine verfolgbare (Steuer-) Straftat vorliegt.
Typische Informationsquellen, welche einen Anfangsverdacht begründen oder zur Tatentdeckung führen können sind etwa:
- (Anonyme) Anzeigen
- Informationen vom Betroffenen
- Ermittlungen
- Beobachtungen
- (Behördlicher) Informationsaustausch
- Verprobung, insbes. mittels mathematisch-statistischer Methoden
Die Steuerfahndung hat dabei einen gewissen Beurteilungsspielraum, um die Frage zu beantworten, ob tatsächliche Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat vorliegen. Nachdem das Gesetz jedoch „tatsächliche Anhaltspunkte" fordert, können bloße Vermutungen einen Anfangsverdacht nicht begründen.
Inwieweit ein Anfangsverdacht vorliegt, ist im Einzelfall mitunter nur schwer festzustellen. Zu beachten ist in jedem Fall, dass Sachverhalte nicht nur einseitig (in der Regel zu Lasten) des Betroffenen gewertet werden dürfen. Ein Anfangsverdacht liegt erst dann vor, wenn in einer Gesamtbetrachtung der jeweilige Sachverhalt nach steuerkriminalistischer Erfahrung auf eine Steuerhinterziehung schließen lässt und andere nachvollziehbare und rechtmäßige Erklärungen mindestens unwahrscheinlich sind oder generell nicht vorliegen.
In der Praxis führt die Annahme eines Anfangsverdachts beim Finanzamt, wie dargestellt, zwingend zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens. Im weiteren Verlauf können insbesondere Durchsuchungen und Beschlagnahme von Gegenständen vorgenommen werden. Insoweit ist es von erheblicher Bedeutung, bereits frühzeitig einem etwaigen Anfangsverdacht entgegenzuwirken und damit die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens von Anfang an zu vermeiden.
Dies kann insbesondere dadurch geschehen, dass der Steuerpflichtige das Finanzamt aufgefordert oder unaufgefordert mit nachvollziehbaren Informationen versorgt, die den konkreten Sachverhalt nachvollziehbar erklären. Die wahrheitsgemäße, rechtzeitige und vollständige Informationsübermittlung durch den Steuerpflichtigen kann ein geeignetes Mittel sein, einem Anfangsverdacht entgegenzuwirken. Stößt ein Betriebsprüfer beispielsweise auf eine nicht erklärbare Finanzierung eines Gegenstandes, so sollte der Steuerpflichtige schon im Interesse der Vermeidung eines Anfangsverdachts möglichst umfassend und nachvollziehbar erläutern, wie es zu dieser Finanzierung gekommen ist.