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§ 370 AO - Steuerhinterziehung

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 

  1. den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
  2. die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
  3. pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter  

  1. in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
  2. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
  3. die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
  4. unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
  5. als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
  6. eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Übersicht § 370 AO

§ 370 der Abgabenordnung (AO) befasst sich mit der Steuerhinterziehung in Deutschland. Die Norm definiert die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Strafbarkeit von Handlungen, die darauf abzielen, Steuern zu verkürzen oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. 

Die Steuerhinterziehung nach § 370 AO ist ein Delikt, das den Kern des Steuerstrafrechts in Deutschland betrifft. Es greift ein, wenn Steuerpflichtige vorsätzlich handeln, um Steuern zu verkürzen oder sich beziehungsweise Dritten ungerechtfertigte Steuervorteile zu verschaffen. Die Vorschrift zielt darauf ab, das Steueraufkommen zu sichern und die steuerliche Gerechtigkeit zu wahren.

Tatbestand der Steuerhinterziehung

Eine Person begeht Steuerhinterziehung, wenn sie vorsätzlich gegenüber den Finanzbehörden unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen macht, die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt, oder die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt oder fehlerhaft vornimmt, und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Die Tatbestandsmerkmale des § 370 AO sind vielfältig und umfassen unter anderem das Verschweigen steuerlich relevanter Tatsachen, das Einreichen falscher Dokumente oder das Unterlassen der korrekten Verwendung von Steuerzeichen. Die Strafbarkeit nach § 370 AO setzt Vorsatz voraus. Dies bedeutet, dass der Täter sich bewusst sein muss, dass seine Handlungen zu einer Steuerverkürzung führen oder ungerechtfertigte Steuervorteile verschaffen. Fahrlässiges Handeln fällt nicht unter diesen Paragrafen, wird aber durch § 378 AO (leichtfertige Steuerverkürzung) sanktioniert.

Die Abgrenzung besonders schwerer Fälle der Steuerhinterziehung ist von großer Bedeutung, da sie zu einer erheblichen Verschärfung des Strafmaßes führt. Solche Fälle sind typischerweise durch die Höhe der hinterzogenen Steuern, die Dauer der Tat, den Einsatz komplexer Tarnhandlungen oder die Missbrauchstellung als Amtsträger gekennzeichnet. Das Gesetz nennt explizit Beispiele für besonders schwere Fälle, lässt aber auch Raum für die richterliche Bewertung, um den individuellen Umständen jeder Tat gerecht zu werden.

Rechtsfolge: Strafe

Die Strafe für Steuerhinterziehung kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren sein. In besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung, etwa bei Verwendung falscher oder gefälschter Belege oder bei Hinterziehung großer Steuerbeträge über längere Zeiträume, kann die Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren betragen.

Selbstanzeige

§ 371 AO bietet eine Möglichkeit zur Strafbefreiung durch Selbstanzeige. Personen, die unrichtige oder unvollständige Angaben korrigieren, ergänzen oder die Finanzbehörden über bisher unerklärte steuerliche Sachverhalte informieren, bevor sie entdeckt werden, können unter bestimmten Voraussetzungen von einer Strafverfolgung verschont bleiben. Dies erfordert jedoch die vollständige Nachzahlung der hinterzogenen Steuern innerhalb einer bestimmten Frist.

Durch die Möglichkeit der Selbstanzeige bietet besteht einen Anreiz für Steuerpflichtige, ihre steuerlichen Angaben zu korrigieren und sich rechtskonform zu verhalten. Die Selbstanzeige ermöglicht es Personen, die unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber den Finanzbehörden gemacht haben, ihre Fehler zu korrigieren und die hinterzogenen Steuern nachzuzahlen, um einer Strafverfolgung zu entgehen.

Die Regelungen zur Selbstanzeige sind jedoch streng und setzen eine vollständige Offenlegung sowie die fristgerechte Nachzahlung der geschuldeten Steuern voraus. Diese Möglichkeit spiegelt den Grundsatz wider, dass die Wiederherstellung der Steuergerechtigkeit im Vordergrund steht und Steuerpflichtigen eine Chance zur Korrektur eingeräumt wird, solange die Tat noch nicht entdeckt wurde.

Verjährung

Die Tat der Steuerhinterziehung verjährt grundsätzlich nach fünf Jahren, kann aber unter bestimmten Umständen auf zehn Jahre oder mehr verlängert werden.

Die Verjährungsfristen im Rahmen des § 370 AO sollen sicherstellen, dass Steuerstraftaten innerhalb eines angemessenen Zeitraums verfolgt werden, während gleichzeitig ein gewisses Maß an Rechtssicherheit für die Betroffenen gewahrt bleibt. Die Verlängerung der Verjährungsfrist in Fällen, in denen die Tat entdeckt wird, unterstreicht den Willen des Gesetzgebers, Steuerhinterziehung konsequent zu ahnden.

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